Samstag, 19. September 2015

Solitude-Friedhof

Das Schloss Solitude am Stadtrand von Stuttgart ist weit über die Grenzen der Stadt hinweg bekannt. Weniger bekannt ist der Friedhof am Fuße des Schlossberges. Selbst viele Einheimische wissen nicht, dass es direkt an der Straße nach Weilimdorf diesen Friedhof gibt.


Im Lauf der Jahrhunderte wurden insgesamt drei Friedhöfe am Schloss angelegt. Jedoch ist nur noch der hier vorgestellte übrig geblieben.

Der erste Friedhof wurde im Jahr 1774 am nahegelegenen Rappenberg eingerichtet, vor allem für die Bewohner der Solitude und die verstorbenen Soldaten im Lazarett des Schlosses. Da man sich damals nicht darüber verständigen konnte, wer die Kosten für deren Beisetzung im nahen Gerlingen übernehmen soll, wurde die Begräbnisstätte unmittelbar bei der Schillerhöhe erforderlich.

Von seiner Eröffnung am 1. Juli 1774 bis 1799 haben auf dem Solitude-Friedhof auf dem Rappenberg in etwa 130 Soldaten und Bedienstete des Schlosses ihre letzte Ruhe gefunden.
Überreste von diesem Gräberfeld sind heute nicht mehr zu finden. Bereits 1866 geht aus einem Schreiben an die Verwaltung in Leonberg hervor, dass das Areal für den Hopfenanbau genutzt wurde.

Schnell kamen der Rappenberg-Friedhof, wie auch der Friedhof der Gemeinde Gerlingen erneut an ihre Kapazitätsgrenzen, so dass ab 1794 ein weiterer Friedhof in unmittelbarer Schlossnähe angelegt wurde, der sog. 'Kirchhof des Kriegsspitals im Wald'. Doch durch die vielen damaligen Kriege wurde auch dieser schnell wieder zu klein und es entstand ein großes Gräberfeld im Wald.

Auch zu diesen beiden Orten sucht man heute Überreste vergebens. Lediglich der 'Gräberweg' im Wald erinnert an die mindestens 240 Menschen, welche hier beerdigt wurden.

Schließlich entstand im Jahr 1866 der heute noch existente Solitude-Friedhof (Soldatenfriedhof). Dieser wurde erforderlich, da im Zuge der kriegerischen Auseinandersetzungen zwischen dem deutschen Bund und dem Königreich Preußen viele verletzte Soldaten in das erneut zum Lazarett umfunktionierten Schloss Solitude verlegt wurden. Wieder gab es Kriegstote zu beklagen, für die eine Begräbnisstätte in Schlossnähe erforderlich wurde. Auch waren in der nahegelegenen Stadt Gerlingen die vorhandenen Kapazitäten ausgeschöpft. Und so wurde der Friedhof Solitude im August 1866 mit einer ungefähren Größe von 21 x 38 m angelegt. Von den Wohnungen in den Kavalierhäusern auf der Solitude ist dieser ca. 360 m entfernt. Als der Friedhof angelegt wurde, war dieser an drei Seiten von Obstbäumen umgeben, an der neu angelegten Straße nach Weilimdorf war er mit Fichten von der Straße abgeschirmt.



Die ersten Toten, welche auf diesem neu angelegten Friedhof beigesetzt wurden, waren sieben Soldaten, die ihren Verletzungen aus dem vorgenannten Krieg im Militär-Lazarett auf der Solitude erlegen sind.

Im Zuge des deutsch-französischen Kriegs 1870/71 wurde das Schloss abermals als Lazarett genutzt. Erneut gab es mehrere Tote Soldaten zu beklagen. Auf grund der guten medizinischen Versorgung auf der Solitude sind von den über 1000 verwundeten Soldaten nur vier gestorben.
Heute erinnert rechts neben dem Friedhofseingang ein Kriegerdenkmal an die Verstorbenen aus beiden Kriegen.



Das Denkmal wurde 1873 zur Errichtung nach Entwürfen von Baurat Alexander von Tritschler zum Bau freigegeben.
Während des 1. Weltkrieges wurde das Schloss abermals als Lazarett für verwundete Soldanten verwendet. In jener Zeit sind 23 Soldaten ihren Verletzungen auf der Solitude erlegen. Für sie wurde in der Nähe des Kriegerdenkmals von 1866 und 1870/71 eine Gedenkplatte mit dem Schriftzug
'Dem Andenken der im Weltkrieg 1914-1918 verstorbenen deutschen Soldaten im Lazarett Solitude …'
unter Benennung ihrer Namen, eingelassen.

Zudem erinnert ein Kreuz am nördlichen Rand gegenüber des Eingangs mit dem Schriftzug 'Unseren Helden 1914-1918' an die Kriegstoten.



Auch erinnern sieben einheitliche Steinkreuze hinter von Tritschler's Kriegerdenkmal an sieben der 23 verstorbenen Soldaten des 1. Weltkriegs. In verschiedenen Schriftwerken wird darauf verwiesen, dass es sich um Opfer des 2. Weltkrieges handeln würde. Doch wenn man die Namen auf den Kreuzen mit denen auf dem Kriegerdenkmal vergleicht, wird schnell ersichtlich, dass es sich um Opfer des 1. Weltkrieges handelt.



Und auch während des 2. Weltkrieges diente der Kavalierbau des Schlosses Solitude erneut als Lazarett. Diesmal lag der Schwerpunkt in der Betreuung von Kriegsblinden. Ihrer Betreuung hat sich u.a. Fritz von Gravenitz, der auf der Solitude lebende Künstler, angenommen und sie unter seiner Anleitung teils dazu bewegen können, sich der künstlerischen Arbeit zu widmen. Da es sich oftmals um junge Soldaten gehandelt hat, musste für sie eine Umschulung für das spätere Berufsleben erfolgen. Dieses Blindenschulungsheim blieb noch bis 1950 auf der Solitude im Kavalierbau untergebracht, im Anschluss diente das Gebäude bis 1964 als Schwerbeschädigtenheim. Ob Opfer des 2.Weltkrieges tatsächlich ihre letzte Ruhestätte auf dem Friedhof bei Schloss Solitude gefunden haben, lässt sich bis heute nicht nachweisen.

Am Eingang des Friedhofs weist eine Tafel auf die Geschichte der Solitude-Friedhöfe hin. 


Auf ihr wird an die verschiedenen Kriege und ihrer Opfer erinnert. Weiterhin enthält der Text Informationen zu einigen der bekannten Persönlichkeiten, welche hier ihre letzte Ruhe gefunden haben. So liegen auf diesem Friedhof die Eltern und einer der Brüder des ehemaligen und mittlerweile verstorbenen Bundespräsidenten Richard von Weizsäcker, der Ballet-Choreograph John Cranko, Robert Bosch Jun., oder auch der Bildhauer Fritz von Graevenitz.






Von Fritz von Graevenitz stammt u.a. der 'Ditzinger Sarkophag', welcher in etwa in der Mitte des kleinen Friedhofs angeordnet ist. Wie der Name schon vermuten lässt, ist dieser ursprünglich für die kleine Stadt Ditzingen in Erinnerung an deren Kriegstoten geschaffen worden. Er zeigt einen toten, aufgebahrten Soldaten, gebetet auf Adlerflügeln.





Im Zuge dessen, dass das Schloss Solitude 1987 als sog. 'Sachgesamtheit Solitude' als Denkmal in die Liste der Kulturdenkmale aufgenommen wurde, steht auch der zum Schloss gehörende Solitude-Friedhof heute unter Denkmalschutz.

Das Besondere an ihm ist sicherlich, dass auf ihm nur Personen beigesetzt wurden, welche zumindest zeitweise im Schloss, bzw. in einem der vielen zum Schloss gehörenden Bauten gewohnt haben.
Mit der heutigen Fläche von etwa 11 m in der Breite und 22 m in der Länge, hat er einiges von seiner ursprünglichen Größe von ca. 20 m auf 40 m verloren. Und ist sicherlich einer der kleinsten Friedhöfe in der Republik.


Zu diesem Friedhof ist ein sehr schönes und empfehlenswertes Buch unter dem Titel 'Die Friedhöfe bei Schloss Solitude' von Folkmar Schiek im Bärenfelser Verlag erschienen, welches mit separatem Post hier bereits vorgestellt wurde.





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